Branche startet Ökologie-Offensive

02. Mai 2014

Das Thema Ökologie ist in der Outdoor-Branche fest verankert. Immer mehr Endverbraucher und Händler sind informiert, die Hersteller sind sich ihrer Verantwortung bewusst. Nicht zuletzt die jüngste Besetzung eines neuen Postens für Umweltfragen und Nachhaltigkeit innerhalb der EOG (European Outdoor Group) zeigt: An diesem Thema führt kein Weg vorbei. Trotzdem startet die Branche eine neue Ökologie-Offensive. Denn immer noch sind manche Endverbraucher überfordert. Und das macht oft auch den Händlern zu schaffen.

Seit Jahren unternehmen Outdoor-Handel und -Industrie alles, um den Endverbraucher für ökologische Produkte, deren Zusammensetzung, Herstellungsverfahren und Lieferkette zu sensibilisieren. Transparenz und bestmögliche Umweltverträglichkeit sind die Stichworte. Nicht ohne Grund sieht EOG-Sprecher Mathias Basedow die Outdoor-Branche als Vorreiter. Der Industrie-Mann weiß aber auch, dass das Thema anstrengend ist und an der Verkaufsfront viel Herzblut erfordert. Immer noch ist es so: Der Kunde kauft nach Gefühl und Optik, wie viele Verkäufer bestätigen. Mancher frage nach, was denn in dem Stoff oder in der Sprühdose drin sei. Für viele sei die Schwemme der Informationen, die an den Produkten hängt, trotzdem noch ein Buch mit sieben Siegeln. Um die grüne Offenbarung zu erleichtern, gehen Hersteller nun in die Offensive und wollen mit Schulungen und Info-Veranstaltungen noch mehr Bewusstsein und Klarheit zum Thema schaffen. „Wir führen derzeit eine Schulung nach der anderen durch“, berichtet Fibertec-Geschäftsführer Guido Augustiniak. Der deutsche Hersteller von Imprägniermitteln will aufklären und empfehlen. Der Markt für Imprägnierung und ökologische Waschmittel ist heiß umkämpft: Ob Nikwax, Hey, Holmenkol, Naturwachs-Spezialist Fjällräven oder Newcomer Fibertec – alle Anbieter kämpfen um lukrative Umsätze, die steigen sollen. Dazu rollen Kampagnen und Schulungen auf den Handel zu, der diese aber auch begrüßt. Man werde immer besser unterstützt, erzählt eine Verkäuferin in einer Filiale von Sport-Scheck. Das sei aber auch erforderlich, weil Kunden durchaus gezielt nachfragen würden oder aufgeklärt werden wollten. Nicht selten sei die Überraschung groß, was alles an Wasch- und Imprägniermöglichkeiten angeboten werde. Bei Trekkingschuhen und auch in den Abteilungen für Wanderbekleidung werden daher immer häufiger Displays und Präsenter aufgestellt, die eine schnelle Übersicht erlauben. Beim Bergsport-Spezialisten Schuster in München beispielsweise werden Sprühdosen und Waschmittel gleich am Verkaufstisch oder an der Kasse angeboten. Während die Vorteile dieser oder jener neuen Jacke und neuen Hose besprochen werden, fließt die Empfehlung für die richtige Pflege mit in das Verkaufsgespräch ein. Manchmal gehe der Kunde darauf ein, meint eine Fachverkäuferin von Schuster, manchmal hielten sich die Käufer aber auch noch zurück. Manche Kunden seien einfach überfordert, weil es zu viele Siegel und Informationsangebote gäbe. Der Sportverkäufer muss deshalb Licht in den Dschungel bringen. Bei Schuster jedenfalls sei man froh, dass es immer mehr Schulungsangebote für das Verkaufspersonal gebe. Vor allem zu Saisonbeginn nimmt die Anzahl noch einmal deutlich zu.

Bluesign setzt sich durch
Die Aufklärung des Handels und dadurch auch die des Kunden ist also oberstes Ziel. Das weltweit wachsende Bewusstsein über die ernsthaften Umweltprobleme, die durch PFC-haltige Produkte entstehen, hat beispielsweise Imprägniermittelhersteller Nikwax angetrieben, sich mit der Entwicklung eines Industriestandards für Outdoor-Marken zu befassen, der „frei von PFC-Imprägnierungen“ ist. Zudem soll das Konzept der wasserfesten Direktionalität international vermarktet werden. Auch der erst 2004 ins Leben gerufene Anbieter Fibertec verzichtet auf Fluor-Chemie und bewirbt seine Imprägnierprodukte zusätzlich mit dem Slogan „Made in Germany.“ Handel und Endverbraucher suchen nach Alternativen zur Chemie. „Wer allerdings weniger Chemie will, muss Abstriche bei der Performance hinnehmen“, erklärt Fibertec-Gründer Augustiniak. Zusätzlich hat sich Fibertec – wie immer mehr Outdoor-Hersteller – dem Bluesign-Standard unterstellt und lässt seine eigene Produktion unabhängig prüfen. Als Bluesign-Systempartner garantiert der Anbieter eine umweltfreundliche und nachhaltige Produktion.

Kunde soll wissen, was er trägt
Aber wie kann oder soll sich der Fachhandel profilieren? „Sachdienliche Beratung ist für den Fachhandel von zentraler Bedeutung. Immer mehr Konsumenten sind über Internet gut informiert. Deshalb werden Fachverkäufer auch mit vielen Fragen konfrontiert. Der Bluesign-Standard schafft Transparenz und kann auch den interessierten Kunden schlagkräftig vermittelt werden“, erklärt Schoeller-CEO Siegfried Winkelbeiner. Die Marke Schoeller stehe für Innovationskraft, Schweizer Produktionsstandards, Transparenz und eine offene Marketingkommunikation. Kunden hätten ein Recht zu verstehen, was sie auf der Haut tragen und unter welchen Bedingungen die Bekleidung beziehungsweise ihre Materialien hergestellt werden. „Dies unterstützen wir, indem wir für Schlüsselkunden Schulungen des Verkaufsteams und Key Accounts organisieren, damit diese die Kleidungstücke mit Technologien überzeugend und schlagkräftig verkaufen können“, so Winkelbeiner. Imprägnierung, Recycling und Isolation sind die großen Themen, an denen sich Hersteller in Sachen Ökologie und Schulungsangeboten messen lassen wollen. Primaloft zum Beispiel baut seine Entwicklungskompetenz im Bereich wasserunempfindliche Isolation („PrimaLoft Synergy“) massiv aus und gewinnt damit immer mehr Kunden aus dem Outdoor-Sektor – wie etwa Salewa, Montane und auch Mountain Equipment. Stark produktseitig bewirbt Odlo seine „Greentec“-Initiative als erste und einzige hundertprozentig recycelte und recycelbare funktionelle Seamless-Sportunterwäsche auf dem Markt. Dabei bedeute „Greentec“ mehr, als dass die Produkte aus recyceltem Material bestehen und komplett wiederverwertbar seien, betont der Hersteller. Vielmehr beinhalte das die ökologischen Grundsätze, von der Idee über die Produktion bis hin zu Vertrieb und Verkauf alles daran zu setzen, um so umweltverträglich wie möglich zu handeln. Auch Mammut-Sprecher Harald Schreiber ist überzeugt: „Damit ein Unternehmen langfristig Erfolg hat, muss neben der wirtschaftlichen Dimension auch die soziale und ökologische beachtet werden.“

Klare Markenbotschaften
Deshalb senden die ­Hersteller immer öfter ­Markenbotschaften aus. „Green Shape“ heißt zum Beispiel die Vaude-Garantie für umweltfreundliche Produkte, die aus nachhaltigen Materi­alien und ressourcenschonender ­Herstellung kommen. Die „brand message“ von Sympatex ­lautet: „guaranteed green – the ­Sympatex recyclable ­membrane“. Damit kommuniziert der Funktionstextilien-Hersteller den „öko­logischen USP der Marke und die klare Positionierung im Wett­bewerbsumfeld“. Für den Endverbraucher soll die „Verbindung zwischen Sympatex, der Natur, dem Menschen, körperlicher Leis­tung und emotionalem ­Erlebnis“ visualisiert werden. Der Funktionsspezialist hat sich als ökologische Alternative fest im Markt etabliert und sorgt über ressourcenschonende Produkti­onsprozesse für eine stetige Verbesserung der Ökobilanz. Im Gegensatz zu anderen Membranen sei die Sympatex-Membran vollständig frei von PTFE (Polytetrafluorethylen), bei dessen Herstellung, Deponierung und Verbrennung als ökologisch problematisch geltende Verbindungen freigesetzt werden können.
Aber nicht nur im Bekleidungssektor tut sich viel. Auch die Hersteller von Outdoor-Zubehör suchen zunehmend nach grünen Alternativen. So verzichtet etwa das kleine kalifornische Familienunternehmen Klean Kanteen, das sich auf Trinkflaschen und Isolationsbehälter spezialisiert hat, bei seinen Produkten auf BPA (Bisphenol A ) und verwendet Edelstahl als eine sichere und umweltfreundliche Alternative zu Plastik- oder beschichteten Aluminiumtrinkflaschen. Zielgruppe des US-Herstellers sind vor allem gesundheitsbewusste, nachhaltig orientierte Kunden, weshalb sich Klean Kanteen auch entsprechend positioniert: Neben einer umwelt- und arbeitsfreundlichen Geschäftspolitik arbeitet Klean Kanteen zum Beispiel eng mit gleichgesinnten Nonprofit- und Umweltorganisationen zusammen und ist an der einst von Patagonia kreierten Umsatz-Initiative „1% for the planet“ beteiligt.

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