Outdoor-Schuhmarkt lebt durch neue Ideen auf

03. September 2014

Der Outdoor-Schuhmarkt nimmt wieder Schwung auf. Trekking- und Multifunktionsschuhe, Approach- sowie Trailrunning-Modelle ­­treiben die Umsätze in Deutschland, Österreich und in der Schweiz an. Laut European Outdoor Group (EOG) erzielte die europäische Outdoor-Branche 2013 im Segment Schuhe mit plus 5,2 Prozent sogar die größten Wertzuwächse. Eine vielversprechende Entwicklung – auch dank zahlreicher Innovationen.

Mit bis zu 30 Prozent Umsatzanteil (in spezialisierten Fachgeschäften oft auch deutlich mehr) ist das Outdoor-Schuhsortiment mittlerweile ganzjährig ein wichtiges Standbein für den Handel. Das wissen auch Hersteller, die neu in den Markt drängen und durch innovative Entwicklungen oder den Ausbau bestehender Kategorien den Markt stimulieren. So tragen sie dazu bei, Outdoor-Schuhe im Gespräch zu halten, wie die OutDoor in Friedrichs­hafen jüngst eindrucksvoll bewiesen hat. Märkte leben immer auch von neuen Ideen und mutigen Entscheidungen – sowohl aufseiten der Anbieter, die neue Produkte kreieren, als auch aufseiten der Händler­, wenn sie neue Kategorien oder Produkte mit ins Programm nehmen.
Fakt ist: Der Markt für Outdoor-Schuhe hat sich nach zwei schwierigen Jahren erholt. Deutliche Impulse kommen dabei aus den Berg­regionen. Unter anderem gewinnt das Thema Approach- beziehungsweise Zustiegsschuh in letzter Zeit stark an Bedeutung. Diese sind dank ihrer verstärkt multifunktionalen Ausrichtung inzwischen nicht mehr nur bei den Spezialisten, sondern auch im breiten, gut sortierten Outdoor-Fachhandel zu finden. Bezeichnend ist, dass Arc’teryx über dieses Segment in den Schuhmarkt eingestiegen ist. Das Topmodell seiner allerersten Footwear-Kollektion, der Approachschuh „Alpha2 FL“, besteht dabei aus separat gefertigtem Außen- und Innenschuh. Letzterer kann herausgenommen und auch als Hüttenschuh getragen werden. Mit dieser Neuheit holte sich der kanadische Ausrüster prompt einen „OutDoor Industry Award“.

Mutige Entscheidungen
Arc’teryx ist nur ein Beispiel dafür, dass die Weichen für 2014/2015 insbesondere dank innovativer Ideen und Technologien in die richtige Richtung gestellt sind. So bringt der US-amerikanische Hersteller Keen mit seiner neuartigen Zweischnüren-Konstruktion „Uneek“ gerade mächtig Schwung ins Sandalen-Segment – und mischt den Schuhmarkt durch unkonventionelle Fertigungsideen auf.
Für frischen Wind in puncto Performance hat vor allem aber Gore-Tex mit seiner „Surround“-Technologie gesorgt, die viele Outdoor-Schuster dankbar aufnehmen. Zum nächsten Frühjahr präsentieren bereits 25 Hersteller weltweit Schuhkollektionen mit der neuen Technologie des US-amerikanischen Membranspezialisten. Diese bewirkt absolut wasserdichte und dennoch rundum atmungsaktive Schuhe. Feuchtigkeit und Wärme werden dabei nicht nur über eine luftdurchlässige Membran im Obermaterial nach außen geleitet, sondern auch durch große offene Flächen in der Sohle oder – wie in der neuen Kollektion des dänischen Schusters Ecco – durch seitliche Öffnungen in der Sohle. So bleiben die Füße auch bei wechselhaftem, regnerisch-warmem Wetter den ganzen Tag über trocken und angenehm kühl. Für den Fachhandel sind das schlagkräftige neue Verkaufs­argumente, durch die das Thema Outdoor-Schuhe einen neuen Innovationskick und Stellenwert erfährt. Kein Wunder also, dass Gore-Tex mit seiner „Surround“-Technologie einen der diesjährigen „OutDoor Industry Awards“ gewonnen hat.
Auch der bayerische Traditions-Schuster Meindl setzt künftig auf die neue Gore-Technologie. Zusätzlich soll der Markt mit eigenen Neuentwicklungen aus Kirchanschöring belebt werden: Die „Ergonomic-fit“-Technologie in Lasche und Manschette beispielsweise verbessert durch die flexible Anpassungsfähigkeit deutlich spürbar den Komfort am Fuß. Das neue geschlossene Laschensystem mit Stretchmaterial schützt ihn vor Nässe und Schmutz. Hinzu kommt das „Alpin-Sohle“-­Konzept: Durch den neu konstruierten Sohlenaufbau mit einem angewinkelten Fersenspoiler wird die Sohle an der Ferse verkürzt. Das ermöglicht ein noch ökonomischeres und natürliches Auftreten und Abrollen beim Gehen. Ein weiteres Highlight ist die neue Steig­eisenaufnahme. Abgerundet wird diese Sohlenkonstruktion mit einer Zwei-Komponenten-Dämpfungstechnik.

Orthopädische Bergschuhe
Einen orthopädischen Schwerpunkt setzt Hanwag – und beweist damit einmal mehr, dass sich Trittsicherheit und Orthopädie nicht ausschließen. Der bayerische Bergschuster hat für Menschen mit „Hallux Valgus“, einem recht häufig auftretenden Schief­stand des großen Zehs, spezielle Berg- und Trekkingschuhe im Programm, die den Betroffenen ein schmerzfreies Wandern ermöglichen sollen. Die sogenannten „Bunion“-Modelle mit speziellem Leisten und weichem Lederfutter entwickelten sich bereits zu Bestsellern. Jetzt bietet Hanwag die Schuhe auch mit einem wasserdichten, atmungsaktiven Gore-Tex-Futter an. Stellvertretend für dieses Konzept wurde das Modell „Tatra Bunion GTX“ ebenfalls mit einem „OutDoor Industry Award“ ausgezeichnet.
Mit hoher Stabilität trotz geringen Gewichts wollen indes die verfeinerten Backpacker-Modelle des Bergschusters Lowa (Herrenversion: „Ticam II“, Damenversion: „Lavena II GTX“) punkten. Ihr Schaft besteht aus dickem, zähem Nubuk-leder, die „Vibram Apptrail“-Sohle sorgt für starken Grip auf unwegsamen Pfaden oder im Geröll. Nicht zuletzt deshalb machen die „Siebenmeilenstiefel“ laut Anbieter auch auf Alpentouren oder am Klettersteig eine gute Figur.
Festzuhalten bleibt: Griffigkeit und Trittsicherheit sind weiterhin die größten Herausforderungen für Outdoor-Schuhe – nicht nur am Berg, sondern in allen Outdoor-Kategorien. Da das Bedürfnis, sich in der Natur zu bewegen, immer größer wird, verstärkt Merrell seine Aktivitäten auch rund ums Wasser und bringt für den Sommer 2015 den halboffenen Schuh „Allout Blaze Sieve“ neu auf den Markt. Bei dessen Entwicklung orientierte sich das US-Unternehmen am bekannten und beliebten „­Allout Blaze“-Konzept. Auch das neue Modell entstammt dieser Linie und eignet sich laut Anbieter hervorragend für leichte Wanderungen am oder im Wasser. Die spezielle Konstruktion der „TC5+Vibram“-Sohle mit drei Millimetern Profiltiefe soll ein Abrutschen auf feuchtem und nassem Untergrund verhindern. Der Schuh ist halboffen gestaltet, so dass eindringendes Wasser ungehindert abfließen kann. Merrell ist über wassertaugliche Schuhe hinaus im Schuhsegment jedoch insgesamt breit aufgestellt. Merrell Deutschland-Chef Thomas Kamm sieht für sein Unternehmen „große Chancen auf den Feldern Outdoor-Multifunktion, Trailrunning, im Kindersegment sowie im Winter“.
Ganzjährig stark präsentiert sich auch Mammut. Die ­Schweizer versprechen vom leichten Laufschuh fürs Trailrunning über Zustiegs­schuhe bis hin zu steig­eisenfesten Bergschuhen für jeden Bergsportler das richtige Schuhwerk. So ist das neue Modell „Alto High GTX“ aus der „Ferrata“-Linie speziell für das Klettersteig-Gehen und ­Mehrtageswanderungen ausgelegt. Der leichte und robuste Schuh bietet sehr guten Halt und Komfort. Highlight ist die neue „Gripex IronGrip“-Sohle, welche durch flexible Lamellen und Spezialstollen erhöhte Griffigkeit und bestes Gefühl für den Untergrund gewährleisten soll.

Barefoot braucht mehr Aufklärung
Fest etabliert im Markt haben sich inzwischen auch Barfußschuhe. Sie sorgen für Zusatzumsätze im Handel, auf zuletzt allerdings stag­nierendem Niveau. In den USA waren die Absätze sogar rückläufig. Bisher sind es eher Spezialisten unter den Lauffans, die sich die Minimalschuhe kaufen – meist als Zweitschuh, wie der Fachhandel berichtet. Dazu wünschen sich viele Händler mehr Aufklärung von Herstellerseite. Denn längst nicht jeder Kunde ist tatsächlich ein geeigneter Kandidat fürs Barefoot-Laufen. Mehr Service tut also not. Dann aber kann das Umsatzniveau konstant gehalten werden.
Einen Aufwärtstrend erlebten zuletzt dagegen italienische Trekking- und Bergschuhanbieter wie der Wanderschuster Aku, der auf eine lange Tradition zurück­blicken kann. Auch die Ergebnisse anderer Schuster aus dem Norden Italiens sprechen eine positive Sprache. Auf der OutDoor 2014 vermeldete Aku einen Besucher­rekord. „Dieses Jahr haben wir deutlich mehr Händler bei uns auf dem Stand gezählt als in den letzten Jahren“, freut sich Helge Frericksen, Produktmanager für Aku bei Genfoot Europe Marketing. „Damit hatten wir selbst nicht gerechnet.“
Demnach zeigt sich: Beständigkeit und Verlässlichkeit zahlen sich aus – und damit meist auch Nachhaltigkeit. Das wiederum sollte die Branche in puncto Outdoor-Schuhe hoffnungsvoll stimmen, denn sie hat zahlreiche nachhaltige Produkte im Angebot. An innovativer Kraft und Stimulanz in Kategorien wie Multifunktionsschuhen, Trekkingschuhen und Approachschuhen, aber auch bei Sandalen und wassertauglichen Schuhen mangelt es ohnehin nicht. Händler und Anbieter können also zuversichtlich auf die kommende Wandersaison 2015 blicken.

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