Zelte, Rucksäcke und Co.: Umsatzmotor Camping

05. Juni 2014

Gute Laune zum Saisonauftakt im Handel: Das diesjährige Zelt- und Rucksackbusiness ist eingeläutet. An der Verkaufsfront werden intensive Beratungsgespräche geführt. Camping boomt, das Repertoire an Ausrüstung – von Kochern über den Campingstuhl bis zur Luftpumpe – wächst von Jahr zu Jahr. Hier punkten Outdoor-Händler vor allem online. 

„Wildnis ist überall“ lautet der Leitspruch von Matthias Bischoff, Inhaber des Berliner Outdoor-Ladens 360 Grad. Der Händler hat sich einen guten Namen im Zeltbusiness gemacht und entsprechend seinem Motto zusätzlich Platz geschaffen. Im Innenhof des Geschäftsgebäudes in Berlin-Kreuzberg wurde die Zeltsaison soeben eröffnet. Die Kunden kommen und wissen, dass sie beste Beratung erhalten. „Es geht nichts über Fachberatung“, weiß Bischoff, und das werde vom Käufer auch immer häufiger gesucht. Vor allem bei Zelten ist die Live-Vorführung wichtig, die Auseinandersetzung mit dem Produkt essenziell für den Verkaufserfolg. „Darüber können wir uns profilieren“, bestätigt der Berliner Händler. Das gilt eben auch für kleinere Händler. Denn an der Spree ist die Händlerdichte sehr hoch, der Kampf um Kunden besonders ausgeprägt. Demnächst wird auch noch SportScheck aus München in der Hauptstadt eine weitere Filiale an der neuen Einkaufsmeile Leipziger Straße eröffnen. Das Thema Zelte und Camping ist traditionellerweise immer schon stark gewesen bei Scheck. In deren Münchner Haupthaus, das im letzten Herbst erst komplett neu eröffnet wurde, ist die obere Outdoor-Etage ebenfalls schon gut bestückt mit (kleineren) Zelten, die aufgebaut und ausgestellt sind. Noch einmal vergrößert wurde dort der Rucksackbereich. Die Auswahl ist riesig, und auch hier sind die Verkäufer seit Wochen im Dauereinsatz. Bei SportScheck ist man um Auswahl bemüht: Die Palette reicht von Rucksack-Marken wie Osprey, Eagle Creek, Jack Wolfskin und Vaude bis zu Ortlieb und Deuter. Die Präsenz von Deuter ist sogar über-mächtig. Aber auch die Skandinavier wie Haglöfs etwa holen auf. Das Rucksacksortiment wird bei vielen Händlern auch gerne im POS-Bereich angesiedelt. Dort sollen Kaufimpulse besser zum Tragen kommen.

Auch die Verkäufer von Karstadt-Sport stehen parat: „Die Saison geht los, Urlaube stehen vor der Tür“, freut sich ein Mitarbeiter. Das Thema Rucksack ist stark vertreten in den Warenhäusern und wird entsprechend stark beworben. Auf der Fläche wird auf ganze Rucksackwände gesetzt, die als Eye-Catcher fungieren und ihre Wirkung auch nicht verfehlen. Die Markenvielfalt ist enorm, daneben soll mit der Hausmarke „Moorhead“ gepunktet werden. Diese wird auch in dem neuen 164 Seiten starken Outdoor- und Travel-Katalog des Konzerns stark beworben. Die Kunden würden Qualität und Beratung suchen, meint der Fachverkäufer, und seien oft sehr gut informiert.

Das gilt auch für den Zeltsektor. Besondere Renner sind Familien-zelte, als Kuppelzelt konzipiert, die wetterfest, leicht aufzubauen und zu verstauen sein müssen. Leider gibt es in manchen Filialen jedoch nicht den Platz, um die einzelnen Modelle live aufzustellen. Die Zelte bleiben zugerollt im Regal. Grund: Immer mehr Textilien nehmen den Platz ein, Bekleidung werde immer stärker und bringe mehr ein pro Quadratmeter, verrät ein Insider. Hier könnten vielleicht bessere Kompromisse gefunden werden.

Service-Anspruch wächst 

Platz genug hat Bergzeit – in Holzkirchen bei München und am Tegernsee ansässig. Der süddeutsche Outdoor-Händler gehört seit jüngstem zur Salewa-Familie und ist seit vielen Jahren bekannt für seine wachsende Zeltausstellung unter freiem Himmel, die sogar zunehmend norddeutsche -Kunden anzieht. Rucksäcke und Zelte (neben einem starken Schuhsortiment) katapultierten den Umsatz von Bergzeit – Gründer und Geschäftsführer ist Klaus Lehner – auf zuletzt über zehn Millionen Euro. Dementsprechend stark sollen in Kürze auch Zelte und Rucksäcke im neuen Marken-Store „Salewa World“, der -operativ von Bergzeit -betrieben wird, in -München gezeigt und beworben werden.

Eine wachsende Bedeutung erhält der Service-Bereich für Rucksäcke und Zelte. Beide Handelspartner, Hersteller und Händler, wissen das und bemühen sich um stetige Verbesserung. Legendär sind die Packvideos von Deuter, aber auch Vaude und Mammut stellen Service-Videos online. Die Zugriffe auf Kanäle wie Youtube jedenfalls steigen. Die Beratungsleistung und -erwartung vor Ort, im stationären Handel, leidet darunter allerdings nicht. Im Gegenteil, sie steigt sogar noch. Probieren geht auch hier über Studieren.

Immer mehr Händler bieten zusätzlich Pflegeanleitungen für Zelte und Rucksäcke an, oft genug kleine, gedruckte Begleiter für die Tasche. Hier wird praktisch beschrieben, wie man am besten packt, wie das innovationsgetriebene Produkt gepflegt werden sollte und wie der beste Tragekomfort erreicht wird. Oft gehen Fachsimpeleien im Laden selbst voraus, denn die Profis unter den Trekkingfans kommen immer noch lieber in die Geschäfte und suchen nach neuen Produkten. Da der Rucksack aber längst auch Ausrüstungsgegenstand und Objekt der Begierde für den Alltag geworden ist, ist der Beratungsbedarf besonders hoch. Kein Wunder, denn Hersteller streben bei ihren Produkten einerseits nach immer komfortableren und leichteren Lösungen, andererseits wächst der technische Anspruch: etwa bei Gurtsystemen und bei Rucksäcken, deren Zusammensetzung und Handhabung entscheidend dafür ist, wie erfolgreich und zufriedenstellend die nächste Trekkingtour oder das geplante Camping-Abenteuer wird. Damit geht die Kundenzufriedenheit einher und letztlich die Kundenbindung.

Mammut, Vaude und Deuter sind sich dessen bewusst und binden den Handel immer stärker in Sachen Schulung und Verkaufsförderung ein. So ließ es sich Vaude-Chefin Antje von Dewitz auch nicht nehmen, bei der jüngsten Neueröffnung von zwei -Vaude-Geschäften in Kaiserslautern und Konstanz selbst vorbeizuschauen. Rucksäcke spielen eine zentrale Rolle in den nunmehr elf Vaude-Läden in Deutschland, die im Franchise betrieben werden. Mehr Farbe, Komfort (Luftzirkula-tion!) und verbesserte Tragetechnik sind die entscheidenden Merkmale in der diesjährigen Rucksacksaison. Die Segmentierung wird dabei immer deutlicher hervorgehoben: Ob Skitouren, Trekking-Abenteuer, Kletter-Event oder Hobbywandern, für jeden Anlass wollen Hersteller das richtige Produkt bieten. Für den Handel bedeutet das eine verbesserte Ansprache seiner Zielgruppe, die er je nach Standort und Laden-ausrichtung genau ausmachen und kennen sollte.

Interessanterweise rücken spezielle Kinderrucksäcke in den Vordergrund. Das Business insgesamt ist stabil und verspricht gute Verkaufspreise sowie manches Zusatzgeschäft. Die Gefahr, von Discountern und branchenfremden Handelsschienen überrollt zu werden – wie vor einigen Jahren –, besteht derzeit kaum noch. Tchibo und Co. können nicht mehr mithalten. Die meisten Käufer sind nach der Erfahrung mit Billigware in den Fachhandel zurückgekehrt, berichten Händler.

Webhandel setzt auf Camping 

Das gilt auch für das Thema Zelt: Ob Kuppel-, Tunnel- oder Wurfzelt, in Sachen Outdoor-Unterschlupf gehen Hersteller ebenfalls konsequent den Weg Richtung Komfort und Leichtigkeit. Das hat seinen Preis und fordert zur Beratung heraus. Auf- und Abbau sind dabei die entscheidenden Kriterien. Fiberglasgestänge beispielsweise werden immer leichter, das -Zeltmaterial ist immer wetterbeständiger. Und auch bei Zelten zieht seit der laufenden Saison mehr Farbe in die Behausung ein. Sowohl -Rucksäcke als auch Zelte können natürlich auch online erworben werden. Dennoch -verteidigen sie ihre -stationäre Dominanz: Die Produkte müssen einfach in Augenschein genommen und ausprobiert werden können. Das ist wichtiger denn je.

Das gilt eigentlich auch für -klassische Campingausrüstung. Der Kocher muss erklärt werden, ebenso die Wasseraufbereitung. Der Klappstuhl wiederum ist meist ein Selbstläufer und wird nach der Optik gekauft. Anbieter wie Katadyn, Optimus, Coleman und auch Edelrid verstärken allerdings gerade ihre POS-Bemühungen in den Geschäften. Denn es handelt sich meist um hochtechnische -Outdoor-Ausrüstung, die erklärungsbedürftig und auch nicht billig ist – also in den Fachhandel gehört. Trotzdem: Auch Online-Händler wie Campz beispielsweise, der in das Online-Konglomerat von René Köhler (Stutt-gart) gehört und mittlerweile europaweit mit vielen Länderseiten vertreten ist, drehen im Camping-Zubehörbereich derzeit mächtig auf. Und wie sollte es anders sein: Auch Amazon fordert sein Stück vom Kuchen. Der Fachhandel jedoch hat es zum Start der Campingsaison in Hand, seine Kunden zu überzeugen, warum sie im stationären Handel besser aufgehoben sein könnten.

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