Einkaufstourismus: Schweizer drehen den Spieß jetzt einfach um!

14. Oktober 2013

Der Schweizer Einkaufstourismus stellt für den Sport- und Outdoorhandel weiter eine große Herausforderung dar. Deutsche Händler -profitieren zunehmend von Schweizer Kunden, die billiger einkaufen wollen. Schweizer Kollegen hingegen ächzen und stöhnen, andere kontern aber auch ganz geschickt und verknüpfen die Vorteile, die sich dies- und jenseits der Grenze ergeben.

Das Preisgefälle zwischen Euro und Schweizer Franken wird immer mehr zum Problem für die eidgenössischen Sporthändler. Speziell an der Grenze zu Deutschland stirbt der Handel offenbar aus, zwischen Basel und Winterthur gaben in den vergangenen Jahren zahlreiche Sporthändler auf. Ein prominenter Händler warf soeben ebenfalls das Handtuch: Universal Sport. Der zum Schweizer Einkaufsverband Intersport PSC (Bern) gehörende Sport – und Outdoorhändler schließt fünf seiner insgesamt acht Läden, für drei Geschäfte sollen Käufer gefunden worden sein.

Der Grund für das Aus des Traditionshändlers: Unrentable Geschäfte nach Übernahmen, der unberechenbare Saisonverlauf speziell im Winter und eben die Konkurrenz aus Deutschland, wo Sporthändler mit günstigeren Euro-Preisen für die gleiche Ware Schweizer Kon-sumenten anlocken. „Der starke Franken macht den Einkauf im Euro-Ausland seit 2011 sehr interessant“, erklärt Universal-Geschäftsführer Paul Misteli. Das habe man selber auch zu spüren bekommen. Im Rheintal und in den Grenzregionen gäbe es praktisch keine Sporthändler mehr, fügt Misteli hinzu, und schließlich habe auch Universal die Euro-Krise gespürt.

Universal Sport gibt auf

Fünf Filialen von Universal (in Bern, Zürich, Chur, Münsingen und in Triesen in Liechtenstein) schließen also voraussichtlich in diesem Jahr noch. Drei Standorte in Lyss, Zuchwil und Solothurn sollen gerettet werden. Angeblich gibt es für diese Sportläden bereits Käufer.

Der Schweizer Intersport-PSC-Chef Urs Müller betont, dass diese Standorte für das Franchise-System aufrechterhalten werden sollen. Immerhin war Universal der größte Franchise-Partner innerhalb des Schweizer Intersportverbunds. Derzeit versucht der Schweizer Händler, bei Gericht eine sogenannte Nachlassstundung zu erwirken, die ähnlich wie das amerikanische Chapter-11-Verfahren mehr Zeit und Schutz für eine geordnete Insolvenz bietet. Damit könnte ein sofortiger Konkurs vermieden werden.

Dennoch lässt es sich nicht vermeiden, dass die Intersport PSC-Gruppe eine Wertberichtigung wegen der Universal-Pleite vornehmen muss. Das gab der Berner Verband jetzt in einer Mitteilung bekannt. Man werde wohl auf bestimmten Forderungen gegenüber diesem Partner sitzen bleiben. Das dürfte das Geschäftsergebnis für 2012/2013 negativ beeinflussen.

Intersport PSC im Minus

Für das Geschäftsjahr 2011/2012 (per 31. September) hatte Intersport PSC einen Umsatz von 211,5 Mio. Schweizer Franken (172 Mio. Euro) ausgewiesen (–16 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Nach einem Plus von 1,59 Mio. Schweizer Franken in 2010/11 war die Gruppe in die Verlustzone gerutscht und wies einen Fehlbetrag von 3,35 Mio. Schweizer Franken aus. Auch seinerzeit wurde das Minus neben dem rückläufigen Umsatz auf Restrukturierungskosten und Wertberichtigungen (Schließung von Budget Sport in der Schweiz) zurückgeführt. Für das erste Halbjahr 2012/13 jedoch konnte bei einem Umsatz von 138,1 Mio. Schweizer Franken (umgerechnet 111,7 Mio. Euro) ein Gewinn von 2,9 Mio. Franken erwirtschaftet werden.

Intersport PSC in Bern ist Schweizer Lizenznehmer und Aktionär von Intersport International (IIC, Bern) und in der Schweiz mit 244 Franchise- und Einkaufspartnern an 372 Verkaufsstellen präsent.

Eiselin macht neue Rechnung auf

Aber es geht auch anders, wie Recherchen von outdoor.markt zeigen. Eiselin Sport mit Hauptsitz in Luzern beispielsweise ist ein alteingesessener Bergsport- und Trekking-Spezialist, der über mehrere Filialen in der Schweiz verfügt. Auch Eiselin bekam natürlich den Euro-Angriff auf den heimischen Franken zu spüren und konterte mit einem Gegenangriff auf deutschem Boden. Der Händler eröffnete im deutschen Lörrach ein eigenes Sportgeschäft und wirbt dort mit Schweizer Verkaufsambiente bei deutschen Preisen. Außer montags ist das Geschäft, das nur 1,5 Kilometer hinter der Grenze liegt, durchgängig bis Samstag geöffnet, und einmal im  Monat gibt es einen spezielles Event für die Kunden, ein sogenanntes Bergsteiger-Apèro im Laden ab 17 Uhr.

Mehrwertsteuer zurück

Besonderer Clou jedoch ist, dass Eiselin seinen Schweizer Kunden verspricht, die deutsche Mehrwertsteuer in Höhe von 19 Prozent in jeder Filiale (also auch in den Schweizer Ablegern) zurückzuerstatten. Dazu müsse lediglich die Ausfuhrbestätigung und eine Einkaufsquittung vorgelegt werden. Garantieleistungen und Servicearbeiten für Einkäufe in der Lörracher Filiale könnten zudem auch in allen Schweizer Filialen vorgenommen werden, wirbt der Händler weiter. Ein geschickter Schachzug, der aufgeht und der Franken-Euro-Problematik ein wenig den Wind aus dem Segel nimmt. Für Eiselin Sport lohnt sich der Einsatz, da der Händler nicht nur heimische Kunden halten und zufriedenstellen kann, sondern auch noch zusätzliche deutsche Käufer an sich bindet.

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