Alexander Nicolai: „Mein Fokus liegt auf dem Produkt“

30. Januar 2019

Generationswechsel bei Lowa: Werner Riethmann (70, Foto rechts) zieht sich nach über 25 Jahren an der Spitze des traditionsreichen Outdoor-Schuhherstellers aus der operativen Geschäftsführung zurück, der bisherige Entwicklungsleiter Alexander Nicolai (43, links) übernimmt. outdoor.markt hat mit ihm über seine Vorstellungen für die Zukunft der Marke gesprochen – und darüber, was er von Riethmann gelernt hat.

 

outdoor.markt: Herr Nicolai, wann stand intern fest, dass Sie der neue operative Geschäftsführer bei Lowa werden?

Alexander Nicolai: Nach außen kommuniziert haben wir das ja im Herbst, intern war die Entscheidung schon etwas länger gefallen und auch kommuniziert worden. Insgesamt war es natürlich ein längerer Prozess, die ersten konkreten Gespräche haben wir vor über einem Jahr geführt. Aber das ist auch normal bei einer solchen Entscheidung, die intern einige Personen betrifft.

Sie waren bisher Abteilungsleiter für Produktentwicklung und Design. Wie verändert sich Ihr Aufgabengebiet nun?

Als operativer Geschäftsführer bin ich für alle Geschäftsfelder zuständig, speziell werde ich mich um Produktion, Produktionsplanung und Marketing kümmern. Für die Felder Vertrieb und Finanzen sind unsere Prokuristen Matthias Wanner und Rudolf Limmer zuständig. So sind wir als Dreigestirn sehr gut aufgestellt. Ich selbst werde außerdem anfangs noch in der Entwicklung stärker involviert sein, bis wir da einen Nachfolger für mich gefunden haben.

Wie sehr wird Ihre bisherige Tätigkeit die Art und Weise beeinflussen, in der Sie Ihre neue Position ausüben werden?

Ich werde auch als Geschäftsführer immer einen Produktfokus haben, ich bin ein Produktmensch und werde da immer involviert sein.

Sie sprachen von dem „Dreigestirn“. Zunächst aber ist es noch ein „Viergestirn“ …

Ja, Werner Riethmann wird noch zwei Jahre in reduziertem Umfang in der Geschäftsführung tätig sein. Er wird sich aber zum Teil anderen Themen widmen, vor allem strategischen Themen, zum Beispiel in Bezug auf bestimmte Vertriebsländer, wie die USA oder die Schweiz, oder dem Produktionssourcing. Aber das Zusammenspiel, die Abstimmung zwischen uns wird sich im Detail noch entwickeln, das wird auch ein Learning by doing sein.

Werner Riethmann hat Lowa in der langen Zeit, die er das Unternehmen geleitet hat, sehr geprägt. Was haben Sie von ihm gelernt, was wollen Sie in seiner Art fortsetzen?

Ich konnte in den fünf Jahren, die ich jetzt bei Lowa bin, in der Tat viel von Werner Riethmann lernen. Es war sehr interessant zu sehen, wie er das macht. Er ist sehr produktorientiert. Seine herausragendste Eigenschaft ist aus meiner Sicht die Beharrlichkeit und Konsequenz, Dinge zu verfolgen. Wenn die Strategie stimmt, gibt er nicht so leicht auf, wechselt nicht so schnell die Richtung, sondern geht den eingeschlagenen Weg weiter, bis er erfolgreich ist. Außerdem hat er auch ein gutes Gespür und ist sehr nah am Markt, geht raus, hört zu, schaut, was passiert. Dadurch versteht er gut, was am Markt gefragt ist. Diese Herangehensweise habe ich mir schon auch angeeignet, und in diesem Stil will ich es auch weiterführen, mit der Nähe am Markt und einem starken Fokus aufs Produkt. Und ich denke, ein Stück weit bringe ich diese Herangehensweise ohnehin schon selbst mit, deswegen hat die Zusammenarbeit auch immer gut funktioniert.

Gibt es auch Dinge, die Sie eher ändern werden?

Es hat sich grundsätzlich in den letzten Jahren und Jahrzehnten im Unternehmertum viel geändert, was Veränderungen in der Unternehmensführung erfordert. Früher konnte ein Leiter beziehungsweise Geschäftsführer alle Bereiche eines Unternehmens abdecken. Mittlerweile ist vieles so komplex geworden, dass man die Aufgaben auf mehrere Schultern verteilen muss und für jeden Bereich einen Experten haben muss. Sei es die Logistik, die Finanzen, das Online-Business oder viele andere Bereiche, die teilweise hinzugekommen sind oder viel komplexer sind als früher. Und da hat bei Lowa Werner Riethmann schon die Veränderungen angestoßen. Wir haben die Experten für verschiedene Bereiche im Haus. Wir haben ein gutes Management-Team in der Geschäftsführung mit Matthias Wanner, Rudolf Limmer und mir, und auch auf der Management-Ebene darunter sind wir mit Experten gut aufgestellt.

Sie sprachen von dem Produkt-Fokus. Inwieweit muss die Marke Lowa aus Ihrer Sicht neben dem traditionellen Segment Outdoor und Bergsport auch das Segment Urban Outdoor und Freizeit beackern?

Urbane Freizeitschuhe haben wir schon in den letzten Jahren entwickelt, aber wir wollen das immer in Balance halten. Als Marke stehen wir für Performance-Outdoor-Produkte, und wir wollen in jeden Freizeitschuh auch ein Quäntchen Funktion reinpacken – zum Beispiel griffige Sohle, wasserdichte Schäfte. Denn wir wollen uns als Outdoor-Marke authentisch positionieren. Im Bereich Urban Outdoor verfolgen wir einen Hybrid-Gedanken: Funktion und Look. Im reinen Bergsportbereich dominiert natürlich die Funktion. Aber natürlich reicht ein gutes Produkt allein auch nicht aus. Das Gesamtpaket ist entscheidend.

Was umfasst ein gutes Gesamtpaket?

Lieferfähigkeit und Service für den Handel gehören zu einem Paket, wo wir uns als Marke insgesamt attraktiv präsentieren. Das Produkt soll den Kunden überzeugen, in dem er damit ein tolles Outdoor-Erlebnis hat. Wenn der Kunde ein positives Erlebnis mit einem Produkt hat, gibt er das weiter über die Netzwerke. Diese Art der Mund-zu-Mund-Propaganda ist auch sehr wichtig.

Was tun Sie mit Lowa, um die Kunden dort, wo Sie sich heute in zunehmendem Maße aufhalten – im Netz – zu erreichen?

In den letzten Saisons haben wir schon sehr daran gearbeitet, im Internet präsent zu sein und über Social Media mit den Kunden in Kontakt zu treten. Über Facebook oder Instagram haben wir eine direkte Kommunikation mit unseren Kunden, die dort ihr Feedback geben und einen direkten Ansprechpartner haben, der ihnen antwortet.

Wo liegen in Zukunft die Wachstumspotenziale für Lowa?

In den DACH-Regionen, wo wir am stärksten verwurzelt sind, sind wir gut positioniert und bekannt, da ist die Luft nach oben jedoch ziemlich dünn. Das heißt, da können wir vielleicht noch ein bisschen über andere Produkte oder Vertriebswege wachsen, aber nicht mehr wirklich viel. In Zukunft wird das Wachstum mehr über die Exportmärkte kommen, vor allem Nordamerika und Asien, speziell China. Aber es braucht auch Zeit, bis sich die Märkte entwickelt haben. Außerdem werden wir  uns in der Zukunft noch stärker mit dem digitalen Handel beschäftigen. Wir haben uns bisher ganz stark auf den stationären Handel konzentriert, was wir auch nach wie vor tun werden, jedoch werden strategische Vertriebslösungen betreffend Digitalisierung immer entscheidender.

Sie sind selbst ein Outdoor-und sportbegeisterter Mensch, haben früher Ironman-Triathlon betrieben …

Ja, das stimmt. Ich habe mich einige Jahre sportlich voll verausgabt, auch wenn ich den Schritt zum Vollprofi nie gemacht habe. Jetzt mache ich einfach das, was mir Spaß macht, und je nachdem, wie es mir meine Zeit erlaubt: Trailrunning, Klettern, Bergsteigen, Skifahren, Skitouren oder auch Mountainbiken.

Sie werden beruflich sicher noch mehr unterwegs sein als bisher schon. Da müssen Sie den Sport vielleicht noch weiter reduzieren?

Ich werde vor allem internationaler unterwegs sein. Bisher als Entwicklungsleiter war ich bei den größten Messen und viel in Italien, zukünftig werde ich mehr Länder bereisen und dort Kontakte knüpfen. Aber auf den Reisen versuche ich auch immer, sportlich aktiv zu bleiben. Die Laufschuhe sind immer dabei.

Eine abschließende Frage noch: Was kennzeichnet Lowa für Sie als Unternehmen und als Marke?

Als mittelständisches Unternehmen haben wir ein sehr menschliches Miteinander, ich würde es schon fast als familiär bezeichnen. Der Teamgedanke ist sehr stark. Die Kommunikationswege sind kurz, der Bürokratie-Anteil gering, was zu schnellen Entscheidungen führt. All diese Aspekte machen auch den Charakter der Marke aus. Und wir ziehen alle an einem Strang, was die Verfolgung unserer Ziele, die Umsetzung unserer Markenwerte angeht: gute Passform, hohe Qualität, herausragende Funktion und ansprechendes Design.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

 

 

Alexander Nicolai

Alexander Nicolai, geboren am 7. Februar 1975, ist diplomierter Sportwissenschaftler und verfügt zudem über einen Master-Abschluss in Sportökonomie. Vor allem nach seiner Studienzeit widmete er sich intensiv seine eigenen sportlichen Aktivitäten, betrieb mehrere Jahre Triathlon, nahm vier Mal am Ironman auf Hawaii teil, wo er ein Mal als Zweitbester seiner Altersklasse einen 39. Gesamtplatz belegte. Nachdem er bereits während seiner Studienzeit im Sporthandel und als Eventmanager im Sportbereich gejobbt hat, arbeitete er dann sieben Jahre bei der dänischen Schuhmarke Ecco, zuletzt als Leiter der Sportabteilung. Während dieser Zeit lebte er in Norddeutschland nahe der dänischen Grenze, nur wenige Kilometer von seinem Arbeitsplatz bei Ecco in Dänemark entfernt. 2014 wechselte er dann zu Lowa, wo er bis Ende 2018 den Posten als Leiter Entwicklung und Design bekleidete. Seit dem 1. Januar dieses Jahres ist er operativer Geschäftsführer bei Lowa und damit Nachfolger von Werner Riethmann (70), der das Unternehmen seit 1992 geführt hat.

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