Social Media: Top oder Flop?

13. Februar 2017

Eine Marke, die etwas auf sich hält, wirbt in den sozialen Netzwerken. Doch die verschiedenen Möglichkeiten und Plattformen für Social Media Marketing ändern sich schneller als das Wetter. Da fällt es schwer, am Ball zu bleiben. Ein kleiner Überblick über die neuesten Entwicklungen.

Zwölf Jahre ist es jetzt her, dass Facebook mir nichts dir nichts auf der Bildfläche auftauchte, seit rund zehn Jahren können Nutzer auf Twitter mehr oder wenig sinnige Dinge „zwitschern“. Debatten über Datenschutz, Privatsphäre, Shitstorms und Trolle in sozialen Netzwerken nehmen zu. Wer nicht in irgendeinem Netzwerk vertreten ist, gilt als verschroben, altmodisch und hinterwäldlerisch. Das gilt vor allem für Unternehmen, egal aus welcher Branche. Sogar der Metzgermeister um die Ecke hat mittlerweile eine Facebook-Seite. Was so unschuldig und klein angefangen hat als Freundschafts-Plattform, hat sich mittlerweile zu einem eigenen Marketing-Geschäftsfeld entwickelt.
Kaum ein großes Unternehmen kommt noch ohne Social Media Manager oder Social Media Content Producer aus. Dabei ist der Begriff „Social Media“ fast schon hinfällig, die großen Social Media Firmen selbst nutzen die Bezeichnung selbst kaum noch. Twitter beispielsweise bezeichnet sich selbst als „New App“, Pinterest sieht sich als „Online Sammelalbum“, Snapchat zählt sich selbst zu den „Kamerafirmen“ und Facebook sieht sich selbst als eine Zusammensetzung von allem.

Veränderungen in der Content-Landschaft
Die Inhalte der Netzwerke verschieben sich mehr und mehr – weg vom reinen nutzergenerierten Inhalt, der geteilt und kommentiert wird, hin zu Inhalten, die von Firmen, Nachrichtenseiten und Werbeagenturen generiert werden. Das Tempo, in dem diese Veränderungen vonstatten gehen, ist allerdings teilweise schwindelerregend und kann in Marketingabteilungen großer und vor allem kleiner Unternehmen, denen ­Budgets und eigene Social-Media-Experten fehlen, zu Turbulenzen führen.
Die größte Veränderung im Bereich Social-Media-Plattformen ist sicherlich, dass Social-Media-Netzwerke nicht länger als freie und günstige Formen des Marketings angesehen und genutzt werden können. „Social Media ist mittlerweile ein Pay-to-play-Feld geworden, und das müssen die Marken jetzt zum Teil schmerzhaft erfahren“, sagt Ben Donkor,­ Social Media Analyst von Microsoft UK. Bezahlte Kampagnen, bezahltes Social Advertising und Software, die die Reichweite der Kampagnen messen und auswerten, sind die Norm geworden – zumindest bei großen Marken. Im Gegenzug gilt Reichweite in sozialen Netzwerken nicht mehr nur als theoretischer Return of Investment, von dem Redner auf Vorträgen sprechen, sondern ist längst messbar und monetär spürbar. Erkennbar wird das auch daran, dass Facebook, Twitter, Instagram und Snapchat mehr und mehr Werbe- und Promotionplattformen, Call-to-Action- und Kaufbuttons auf ihren Seiten anbieten und einbauen. Facebook und Twitter werden in Zukunft mehr B2B-Anzeigenprodukte einführen, um den großen Markt der Werbetreibenden für ihre sozialen Netzwerke nutzen zu können.
Doch trotz Social-Media-Experten, eigenen Abteilungen und mehr oder weniger vorhandenen Social-Media-Budgets gibt es für einige Unternehmen noch Stolperfallen in den Weiten des Internets. Der User an sich gilt für viele noch als der nicht zu (be-)greifende Schmetterling. Es gibt jedoch ein paar Studien, Daten und Berichte, die zeigen, auf welche Feinheiten es im Umgang mit Fans und ­Followern zu achten gilt.

Gekonnter Umgang
Fans und Follower einer Marke sind deren „Freundeskreis“, sie sind die Frontlinie, direkte Ansprechpartner und Empfänger der Social-Media-Kampagnen – diese loyale Gruppe von Verbrauchern ist für eine Marke das stärkste soziale Werkzeug. Sie sind nicht nur Fürsprecher der Marke, sondern der Haupthebel des „Netzwerk-Effektes“ – je mehr Endnutzer es gibt, die Dinge teilen und in ihrem Netzwerk verbreiten, desto größer gestaltet sich für eine Marke ihr Gesamtnetzwerk und ihre Reichweite. Doch dieser feine, kleine innere Kreis loyaler Fans will mit einer gewissen „Vorsicht“ behandelt werden. Denn Fans und Follower gehen schneller verloren, als mancher Social-Media-Experte denken mag: Der schnellste Weg für Marken und Händler, Follower zu verlieren, ist das allzu eifrige, allzu verkrampfte Auftreten in den Social Media. Auf gezwungene Weise locker, witzig und authentisch zu sein, funktioniert nicht. Und Fans durchschauen diese Taktik schneller, als gedacht.

Zwei Worte: Nicht nerven!
Das Social-Media-Analyseunternehmen Sprout Social hat in einer Studie mehr als 1.000 Facebook-, Twitter- und Instagram-Nutzer gefragt, was sie bei Marken in sozialen Netzwerken am meisten nervt und letztendlich, was dazu führt, dass sie den Marken nicht mehr weiter folgen. Hauptgrund und ungeschlagen an der Spitze: Wenn Marken mit zu vielen Promo-Aktionen um die Ecke kommen. Dies gaben 57 Prozent der Befragten als nervigstes Verhalten an. Noch schlimmer sei es, so die Befragten, wenn die Promo-Aktionen nicht relevant seien.
Mit anderen Worten: Wenn Marken die Timeline und Postfächer der Nutzer mit Nachrichten und Bildern überschwemmen, nur um auf deren „Radar“ zu bleiben, dann vergraulen sie damit mehr Nutzer, als sie an Aufmerksamkeit gewinnen. Einseitiger Content ist nicht das einzige Ärgernis. „Die Nutzer achten auch auf den Inhalt, die Sprache und den Tonfall der Profile der Marken. Wenn das nicht passt, wird die Marke schnell unglaubwürdig“, so die Sprout Researcher. Den Leuten gehe es, wenn sie einer Marke in einem sozialen Netzwerk folgen, nicht darum, neue „Freunde“ zu machen, so Sprout. Vielmehr seien sie auf der Suche nach eventuellen Angeboten oder Promo-Aktionen, Hintergrundinformationen zu den Produkten, Veranstaltungen und Ausflügen. Es gehe ihnen auch darum, Antworten auf Anfragen zu erhalten, und vor allem darum, eine Gemeinschaft Gleichgesinnter zu finden. Und genau hier beginnt die Schwierigkeit für die Social-Media-Abteilung. Denn für diese Follower – mit ihren unterschiedlichen Interessen und Beweggründen, der Marke zu folgen –, relevante Posts, Bilder oder Tweets abzusetzen, die zudem noch einen Mehrwert für den User haben, ist leichter gesagt, als getan. Der erste Schritt könnte aber ein ganz einfaches Hinterfragen des Posts/der Information sein: Welchen Wert hat sie für die Nutzer, wie wichtig ist sie für meine Follower?

Angriff auf Facebook
Unbestrittener Anführer im Bereich Social-Media-Marketing ist und bleibt Facebook. Sowohl im Bereich der Nutzer-Reichweite als auch im Bereich Business-Ausgaben. Für viele Marken ist der Facebook-Auftritt die Erweiterung der eigenen Website und bildet den Mittelpunkt sozialer Strategien. Facebook weist,von den großen Marken abgesehen, mehr als 40 Millionen aktive Business-Sites kleiner Unternehmen auf. Stetig kommen weitere Akquisitionen und neue Produkt-Ergänzungen hinzu, so dass Facebook – obwohl dessen baldiges Verschwinden als Tummelplatz der jüngeren Generation immer wieder angekündigt wird – die Pole-Position im Bereich Social Marketing weiterhin behalten wird.
Doch die anderen, jüngeren Netzwerke holen auf, so dass auf kurz oder lang Marken, die nur auf Facebook setzen, die hart umworbene junge Zielgruppe nicht mehr erreichen werden. Instagram beispielweise, obwohl vergleichsweise neu im Business, wächst mehr und mehr zu einer starken Marke im Marketing heran, wenn es darum geht, Aufmerksamkeit zu erregen. Mittlerweile hat Instagram mehr User als Twitter. Instagram ist die Go-to-Plattform der jungen Generation, die daran interessiert ist, visuelle Geschichten zu teilen und gemeinsam zu erleben. Das Netzwerk hat im Jahr 2016 die Möglichkeit eingeführt, Kurzvideos zu teilen, die auch in Werbung eingebunden werden können. Eine US-Studie hat ergeben, dass Insta­gram die beliebteste Social Media Website unter den weiblichen Social-Media-Nutzern in den USA war, wenn es darum ging, sich mit Markeninhalten zu beschäftigen.
Die noch jüngere Plattform Snapchat ist in den vergangenen zwei Jahren regelrecht explodiert. Bei Teenagern gilt Snapchat als das Nonplusultra der Social Media und ist mittlerweile Kernbestandteil der Social-Media-Strategien der führenden Marken wie Coca Cola oder Louis Vuitton. Für viele Jugendliche gilt Snapchat als die Anlaufstelle zum Aufnehmen von Nachrichten, Trends und Unterhaltung von Marken, vor allem dank der Snapchat-Discover-Funktion. Snapchat entwickelt sich mehr und mehr zum beliebtesten Netzwerk. Großer Verlierer ist dagegen Youtube. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Facebook, Twitter und Instagram Videofunktionen eingeführt haben, die die Erstellung und Verbreitung von Micro-Videos ermöglichen. Zwar hat eine Trusted Media Brands-Studie ergeben, dass noch immer 65 Prozent der Führungskräfte Social Media für Video-Werbung über Kanäle wie Youtube bevorzugen, doch sollte beachtet werden, dass die junge Zielgruppe sich immer weniger auf Youtube aufhält. Wenn, dann vorzugsweise, um Video-Bloggern und Youtube-Stars zu folgen, und nicht, um sich mit Marken und deren Werbefilmen zu beschäftigen.
Marktführer oder Verfolger – eines haben alle sozialen Netzwerke gemeinsam: Sie erreichen ein Millionen- oder sogar Milliardenpublikum. Hier Werbung zu schalten ist also für Unternehmen durchaus sinnvoll. Allein in Deutschland beläuft sich das Marktvolumen 2016 auf über 400 Millionen Euro.

Nutzer in den Laden holen
Die größte Herausforderung sowohl für große bekannte Unternehmen und Marken als auch für die kleineren Marken oder auch Einzelhändler ist es, die Social Media Follower in die Läden zu holen und zum Kauf zu bewegen. Dass soziale Netzwerke direkte Auswirkungen auf den Absatz von Verkäufen haben, lässt sich zwar zum Teil belegen, doch stellt es sich für viele Marken als Hürde dar, die Einnahmen über die sozialen Netzwerke zu steuern und nach oben zu treiben. Ob die sozialen Netzwerke tatsächlich den starken Einfluss auf das Kaufverhalten der Kunden haben, der ihnen zugeschrieben wird, ist schwer zu belegen. Das Markt- und Meinungsforschungsinstitut Gallup hat unter 18.000 Verbrauchern eine Umfrage durchgeführt und sie nach dem Einfluss von Social Media auf ihr Kaufverhalten befragt. 62 Prozent sagten, dass Social Media keinen Einfluss hätten, nur rund fünf Prozent gaben an, dass sie einen großen Einfluss hätten.
Andererseits ergaben Umfragen von Sprout Social, dass 75 Prozent der Kunden etwas gekauft hatten, dass sie zuvor in einem der genutzten sozialen Netzwerke gesehen hatten. Egal wie die Ergebnisse diverser Umfragen ausfallen, letztendlich kann es als fahrlässig angesehen werden, den Einfluss von Content in sozialen Netzwerken auf die Kaufentscheidung zu ignorieren. Denn selbst wenn die Nutzer nicht zwangsläufig einer Marke folgen oder mit ihr „interagieren“, so kann alleine ihr „Like“ oder „Folgen“ einer Marke primären Einfluss auf ihren Freundes- und Bekanntenkreis und deren Interessen und Kaufverhalten haben.

Messbarer Erfolg?
Social-Media-Kampagnen erfolgreich einzusetzen und zu bewerten scheint, wie die widersprüchlichen Zahlen zeigen, schwierig zu sein. Für Marken und Unternehmen sollte es eines der Hauptziele sein, den Traffic mittels einer Social-Media-Kampagne auf die eigene Website zu lenken und im besten Fall zu verstärken. Für Händler sollte es das Hauptziel sein, die Kunden in ihre Läden zu locken. Studien haben ergeben, dass mehr als die Hälfte der Käufer ihre endgültige Kaufentscheidung im Geschäft fällen, dazu kommen Spontankäufe von Waren, die im Kassenbereich oder weiteren prominenten PoS gut platziert sind; beim Online-Shopping fallen diese oft weg. Zwar hatten nur sieben Prozent der Befragten der Gallup-Umfrage angegeben, ihre Kaufentscheidung hänge von Social-Media-Auftritten oder -Aktionen ab, aber 56 Prozent der Befragten gaben an, dass ihre Kaufentscheidungen auf In-Store-Displays basierten.
Kunden in die Geschäfte zu locken kann beispielsweise zum einen durch Posts zu Events, Aktionen oder Rabattaktionen erreicht werden. Social Media und Online-Marketing bieten jedoch eine weitere Vielzahl an Möglichkeiten: Live-Videos aus dem Store, Echtzeit-Updates des In-Store-Warenbestandes, Infos zu Warenverfügbarkeit und Dauer der eventuellen Lieferzeit.
Zudem haben viele der Social-Media-Anbieter eingebaute Tools, die sich sowohl Händler als auch Marketingabteilungen zunutze machen können. Der Snapchat Geofilter beispielsweise zeigt automatisch auf Posts die Geodaten des Ortes oder idealerweise des Geschäftes an, in dem sich ein Kunde befand, als er ein Bild „gesnapt“ hat. Geschickt mit einer Snapchat-Aktion verknüpft, kann beispielsweise ein Händler diese Funktion benutzen, um Reichweite und Bekanntheit seines Geschäftes zu steigern. Der Geofilter ist nur eines von diversen Tools, nicht nur zum Steigern der eigenen Bekanntheit, sondern auch zum Tracken der Marketing-Aktivitäten und der Reichweite. Und so können Social-Media-Aktionen und Bemühungen, die darauf abzielen, Käufer in ein Geschäft zu locken, durchaus gemessen und quantifiziert werden.

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