„Wir folgen dem Generationenauftrag“

Outdoor- und Sportbekleidungshersteller Schöffel blickt auf fast 220 Jahre Firmengeschichte zurück und befindet sich nach wie vor in Familienhand. Unternehmensleiter Peter Schöffel erklärt im Interview mit dem outdoor.markt, wieso er Schöffel für die Bewältigung der Coronakrise gut aufgestellt sieht.

outdoor.markt: Gibt es in einem Familienunternehmen Faktoren, die es eine solche Krise wie die, die jetzt durch die Corona-Pandemie entstanden ist, besser bewältigen lassen als andere?

Peter Schöffel (Foto): Ich glaube schon, dass die Qualitäten von Familienunternehmen jetzt stärker auf den Tisch kommen, weil die Coronakrise Unternehmertum an drei Faktoren festmacht. Das Erste ist Liquidität, sie ist wie die Luft zum Atmen. Bei uns ist sie glücklicherweise gesichert, weil wir die Gewinne immer im Unternehmen belassen haben. Das Zweite ist Charakter. Also, wie geht man miteinander um, innerhalb des Unternehmens, aber auch mit Partnern, mit Kunden und Herstellern. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, denn wenn es eng wird und jedes Unternehmen ums Überleben kämpft, zeigt sich: Ist sich jeder selbst der Nächste oder hat man den partnerschaftlichen Gedanken? Das Dritte würde ich mit Innovation überschreiben. Ist man in der Lage, aus dem Krisenmanagement, der Schockstarre rauszukommen und aus der Krise eine Chance zu machen und neue Wege einzuschlagen? Ich glaube, dass wir bei Schöffel bei diesen drei Punkten – Liquidität, Charakter, Innovation – die für uns richtigen Antworten haben.    

Als Schöffel vor etwas mehr als 50 Jahren in den Outdoor-Bereich eingestiegen ist, steckte das Unternehmen auch in einer Krise. Schöpfen Sie aus dieser Erfahrung in der Firmengeschichte jetzt Kraft?

Ende der 60er Jahre hatte mein Vater gerade die Sportbekleidungs-Fertigung gestartet, damals hatten wir für viele Monate Kurzarbeit wegen einer Konjunkturkrise. Mit 216 Jahren Firmengeschichte sieht man die Dinge etwas abgewägter, als wenn man nur Quartalsberichts-getrieben ist. Das hilft, wenn es nicht selbstgefällig macht, was bei uns nicht der Fall ist. Früher wie heute gilt es, die Zeichen zu verstehen und die Bedrohung durch die Situation richtig einzuschätzen. Die Welt ist heute einfach eine völlig andere als Ende Februar, und sie wird auch nicht mehr so werden, wie sie war und wir sie uns wünschen würden. Aber ist es eine Welt ohne Chancen? Nein, im Gegenteil. Es liegt an uns,  unsere Geschäfte anders zu machen. Da hilft schon eine gewisse historische -Erfahrung, Dinge anders -einzuordnen.

EOG-Präsident Mark Held hat an die Branche appelliert und zur firmenübergreifenden Zusammenarbeit aufgerufen. Wie denken Sie darüber?

Das halte ich für sehr wichtig, soweit es nicht nur Lippenbekenntnisse sind. Fest steht: Ohne Partnerschaften wird kein Unternehmen diese Herausforderung meistern können. Auch die ganz Großen sind gezwungen – und das ist gut so –, sich auf Partnerschaften zu beziehen. Wir brauchen den Fachhandel, weil er unsere Kanal ist, mit dem Kunden zu sprechen. Und wir waren bis dato gemeinsam sehr erfolgreich darin, die Endverbraucher mit Premiumprodukten zu überzeugen und damit eine Gegenwelt zu den Billiganbietern dieser Welt aufzubauen. Ich bin überzeugt davon, dass der direkte Kundenkontakt nach Corona für die Outdoor-Branche noch wichtiger und chancenreicher wird, denn das Bedürfnis der Menschen nach Draußen-Sein ist größer denn je. Ich fürchte, dass nicht alle Anbieter, alle Händler, alle Produzenten in unserer Branche das rettende Ufer erreichen, aber denjenigen, die die Kraft haben, diesen Strom zu durchschwimmen, stehen bessere und hochwertigere Geschäfte als vorher zur Verfügung. Die nächsten Monate werden schwierig werden, mit Kontaktbeschränkungen, mit Maskenpflicht und der Unsicherheit der Verbraucher. Ich glaube, wir stehen kurzfristig vor enormen wirtschaftlichen Herausforderungen, aber mittelfristig, vielleicht Anfang nächsten Jahres oder schon im Herbst – je nachdem, wie schnell die Lockerungen voranschreiten – stehen uns in der Outdoor-Branche wieder attraktive Geschäfte bevor. Und die gelingen nur gemeinsam.

Sie betonen, wie wichtig Ihnen die Partnerschaft mit dem Fachhandel ist. Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um auch dessen Probleme etwas abzumildern?

Ich unterscheide das in drei Themenbereiche: Der Kunde, Geld und Produkte. Natürlich hängt auch alles zusammen, aber fangen wir mit dem Thema Geld an. Wir haben sofort mit dem Shutdown Mitte März alle Auslieferungen an den Handel gestoppt und on Hold gesetzt, um ihn nicht mit Ware zu fluten, die er nicht verkaufen kann. Das waren bei uns etwa 15 bis 20 Prozent der Vororder Frühjahr/Sommer. Das Zweite ist, dass wir unseren Partnern, soweit es nötig war, mit Valutaregelungen geholfen haben. Das bedeutet für uns, dass wir die Winterrechnungen bezahlen müssen, während wir auf den Geldeingang für die Früjahrsrechnungen für die Ware, die wir verschickt haben, warten müssen. Das stellt uns vor eine enorme Liquiditätsherausforderung, die wir meistern können, weil wir ein gesundes Unternehmen mit einer ordentlichen Eigenkapitalquote sind.

Beim Thema gemeinsame Kunden geht es darum, Bedürfnisse zu wecken, um die Frequenz auf der Fläche zu erhöhen. Daher ist es wichtig, das Marketing aufrechtzuerhalten. Es wäre kurzfristig das Einfachste, in diesem Bereich Investitionen zu stoppen und so die Verluste zu minimieren. Wir folgen aber dem Generationenauftrag und nicht dem Quartalsbericht, indem wir gemeinsam mit dem Handel weiter in die Vermarktung unserer Produkte investieren.

Bei den Produkten werden wir vermutlich eine massive Rotpreisschlacht erleben, weil durch den Shutdown viel zu viel Ware im Markt ist. Und so haben wir ein Konzept entwickelt, wie wir die Rotpreislawine, was unseren Anteil betrifft, minimieren können. Hinsichtlich 2021 bieten wir den Fachhändlern bildlich gesprochen ein Zweiräume-Konzept. Dabei kann er sich bei Schöffel entscheiden, mit wie viel Prozent seines Limits er in welchen Raum geht. Den einen bezeichne ich als kaufmännischen Raum. Hier wurden bewusst Durchläufermodelle geschaffen und unsere hochwertigen Produkte nicht geändert, obwohl wir schon neue entwickelt hatten. Damit wollen wir den Wert der Marke, der Produkte hochhalten. Denn jedes geänderte Modell erhöht die Preisreduktionsgefahr für die Ware im Markt, die beim Händler oder bei uns im Lager liegt. Wir müssen aber im Sommer 2021 trotzdem auch neue, frische Impulse setzen. Und das nenne ich den Innovationsraum, der kompakt modische, funktionale Anstöße für den Kunden bietet. Dabei stellen wir sicher, dass das eine zum anderen passt. Es ist dem Endkunden nicht gedient, wenn der eine Raum völlig anders aussieht als der andere und damit kein harmonisches Bild auf der Fläche entsteht. Wir haben beide Räume ungefähr gleich groß gestaltet und überlassen es unserem Partner, wo er sich stärker bedienen möchte.

www.schoeffel.com

Das komplette Interview wurde in der Ausgabe 5/2020 veröffentlicht.

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